„Die Bier, die so schön hat geprickelt in meine Bauchnabel…“, sinsang sich eine hauchzarte Frauenstimme – unterlegt mit französischem Akzent – Ende der 90er Jahre im Werbespot von Schöfferhofen Weizen in die Ohren vieler TV-Zuschauer und potentieller Kunden. Eine typisch weibliche Stimme sollte den Verkauf des Getränks ankurbeln – ein Trend der nun ein Comeback feiert. Denn laut der Die Zeit sind „squeaky (quietschende) weibliche Stimmen, die hochemotional oder erotisch klingen, (…) derzeit extrem angesagt“ (Quelle: Die Zeit, 14. Mai 2020).
Im Gegensatz dazu haben sich die Stimmen professioneller männlicher Sprecher wieder um einige Oktaven nach unten bewegt. Und das obwohl sich – ungeachtet alter Geschlechterklischees – die Stimmlagen von Männlein und Weiblein in den letzten Jahren annäherten.
Perfekte Stimme – Von Geschlechterklischees zum individuellen Eigenton
Beobachtungen von Sprachforschern zeigen nämlich, dass Frauen heutzutage durchschnittlich viel tiefer sprechen als noch Generationen vor ihnen. Der Abstand der Frequenzen zwischen den Geschlechtern soll sogar nur noch halb so groß sein wie vor ein paar Jahrzehnten. „Schuld“ daran ist wohl die Emanzipation: Skandinavische Frauen, die als besonders emanzipiert gelten, haben eine besonders tiefe Stimme. Zwischen männlichen und weiblichen Tagesschausprechern beispielsweise findet man also kaum mehr stimmliche Unterschiede. Vor 50 Jahren hörte sich das noch ganz anders an.
In der Werbung hingegen zeigt sich erneut das Auseinanderdriften der Stimmlagen. Hier geht es um die Darstellung bestimmter Frauen- und Männerbilder, mit denen das Bedürfnis nach der Identifikation mit klaren Geschlechterrollen gestillt werden soll. Letztlich dient das dem Verkauf eines Produktes. Doch wie sieht es in Zeiten von Homeoffice, Telefonkonferenzen und Videocalls mit der Präsentation der eigenen Persönlichkeit aus? Verkauft man sich selbst am besten mit einer künstlich erzeugten fiepsigen Frauenstimme oder einem tiefen, männlichen Kontrabass? Das Gegenteil ist der Fall: Um sich authentisch darzustellen und sich dem Gegenüber bei einem Call oder perfekten Vortrag in einer natürlichen Art zu präsentieren, ist es wichtig, sich auf seinen ganz persönlichen Eigenton einzugrooven. Das kommt dann nicht nur auf der anderen Seite der Leitung gut an, sondern macht es für einen selbst um ein Vielfaches angenehmer.
Perfekte Stimme – Was eine unpassende Stimme beim Gegenüber auslösen kann
Denn die richtige Stimmlage verhilft uns dabei mühelos und mit Leichtigkeit zu sprechen. Das Sprechen ist dann also nicht anstrengend, selbst wenn ich 20 Telefonate oder drei Videokonferenzen hintereinander habe. Spricht ein Mensch jedoch nicht in der für ihn günstigen Stimmlage – sondern zu hoch oder zu tief – dann löst das beim Gegenüber Irritation aus. Im schlimmsten Fall werden dem Sprecher negative Persönlichkeitseigenschaften zugeschrieben. Mit einer hohen, schrillen Frauenstimme assoziiert man beispielsweise Eigenschaften wie hysterisch oder kindlich. Spricht eine Frau eher tief, dann könnte das auf ihr Gegenüber männlich und wenig emotional wirken. Woher aber weiß ich, ob ich in meiner richtigen Stimmlage und in dem zu mir passenden Eigenton spreche?
Perfekte Stimme – So sprechen Sie in Ihrem individuellen Eigenton
Betrachten wir das Ganze aus dem physiologischen Blickwinkel, dann ist die sogenannte Indifferenzlage – die dem individuellen Eigenton entspricht – das Ergebnis eines flexiblen günstigen Muskeltonus der Stimmbänder. Bei diesen handelt es sich um sehr kleine Muskeln, die höchstens 1-1,5 cm lang sind. Auf sie trifft ein passender Ausatemluftstrom. Die Stimmbänder werden dann mit dem genau notwendigen Druck in Bewegung gehalten. Zu viel Druck verhindert ein optimales Schwingen und treibt die Stimme in die Höhe, zu wenig Druck führt hingegen zu einer behauchten, leisen und tieferen Stimme. Die Umsetzung in die Praxis und das perfekte Schwingen der Stimmbänder lässt sich am besten bei einem professionellen Stimmtraining erklären und üben.
Deshalb mein Appell an Sie: Finden Sie Ihren optimalen Eigenton! Versuchen Sie nicht Modeströmungen oder gesellschaftlichen Erwartungen nachzukommen.
Lockere Muskulatur, eine physiologisch günstige Atmung und eine gelassene und flexible innere Einstellung zu den Widrigkeiten des Lebens unterstützen Sie dabei, beim Sprechen immer wieder zu Ihrem Eigenton zurückzukehren bzw. von Ihrem Eigenton aus entspannt nach oben und unten zu modulieren. Sobald Sie in Ihrer individuellen Stimmlage sprechen, können Sie dann sowohl im Privaten als auch in der Arbeitswelt nur noch punkten.
Gerne unterstütze ich Sie im Einzeltraining dabei, die für Sie geeignete Stimmlage zu finden. Auch in meinen neuen Online-Stimmtrainings suchen wir gemeinsam die für Sie passende Lage, in der Sie weiterhin gerne und lange sprechen. Das nächste Online-Stimmtraining „Stimmfit im (Home-)Office“ findet am 17. Juli 2020 von 13.00 Uhr bis 14.30 Uhr statt.
[Foto: © Vinzent Weinbeer, pixabay]